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Jägerlatein
Andacht von Ruth-Barbara Schlenker, Pfarrerin in Grüneberg
Oculi, da kommen sie;
Lätare, das ist das Wahre;
Judica sind sie auch noch da,
Palmarum – Trallarum;
Quasimodogeniti, halt, Jäger, halt! Jetzt brüten sie.
Im Jägerlatein werden einige Sonntage der Passions- und Osterzeit aufgezählt. Die Aufforderung wendet sich an die Schnepfenjäger und beziffert die besten Aussichten für die Jagd der Vögel. Nun, der Frühling sitzt schon in den Startlöchern. Die Natur belebt sich, bricht sich Bahn, und auch im menschlichen Herzen löst sich langsam so manche Winterlähme. Die Knospen an den Sträuchern, die Frühjahrsblüher, die Vögel, alles lebt in Erwartung.
Den Leidensweg Jesu zu bedenken schicken wir uns in schönstem Frühlingsaufbruch an. „Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken“ formuliert ein barocker Liederdichter im 18. Jahrhundert. Ja, wirklich, dazu brauchen wir Stärke. Zum Hingucken, zum Hindenken, zum Mitleid(en). Es sind furchtbare Bilder, die sich in unseren Fernsehern und auf den Seiten der Zeitungen aufbauen. So viel Leid in dieser Welt! Es braucht wahrlich Stärke, das Leid der anderen an sich heranzulassen. Wenn die Leidenden nicht mehr auf unsere Anteilnahme hoffen können, dann ist das die Bankrotterklärung an unsere Welt. Dann wird sich nichts ändern und zum Besseren wenden. Nur wenn wir hinschauen, draufschauen, anklagen, wird die Liebe ihre Kraft entfachen können. Gebe Gott unseren Politikern den Willen, den Frieden einzufordern zugunsten des Lebens!
Im aufkommenden Frühling habe ich in diesem Jahr oft auf Friedhöfen zu tun. Als wollte mancher nicht noch einmal zu einer neuen Jahreszeitenrunde aufbrechen, und schleicht sich schnell noch davon. Vielleicht haben Sie jemanden im Bekannten- oder Verwandtenkreis, der sich zum Gehen anschickt oder diese Erde gerade verlassen hat?
Schieben Sie das Pflegebett Ihrer Anvertrauten ans Fenster, dass sie noch einmal einen Blick werfen können auf den blauen Himmel, auf die höherwandernde Sonne, auf die Zweige, deren Knospen schon anschwellen, auf den Rotmilan, der schon seine Runden zieht. Da kommen sie, unsere Zugvögel, und werden uns wieder die schönsten Lieder singen. Ich hab ihn schon gehört, meinen Berufsgenossen, den Dompfaff! War das ein Glück!
Ich wünsche Ihnen offene Sinne für alles Kommende in Gottes guter Welt, in der es immer wieder Abschied und Neuanfang heißt. Für die Lebenden wie für die Sterbenden! Und ich wünsche Ihnen Stärke, das Leid der Kreatur zu bedenken.
Ihre Pastorin Schlenker aus Grüneberg
Lätare, das ist das Wahre;
Judica sind sie auch noch da,
Palmarum – Trallarum;
Quasimodogeniti, halt, Jäger, halt! Jetzt brüten sie.
Im Jägerlatein werden einige Sonntage der Passions- und Osterzeit aufgezählt. Die Aufforderung wendet sich an die Schnepfenjäger und beziffert die besten Aussichten für die Jagd der Vögel. Nun, der Frühling sitzt schon in den Startlöchern. Die Natur belebt sich, bricht sich Bahn, und auch im menschlichen Herzen löst sich langsam so manche Winterlähme. Die Knospen an den Sträuchern, die Frühjahrsblüher, die Vögel, alles lebt in Erwartung.
Den Leidensweg Jesu zu bedenken schicken wir uns in schönstem Frühlingsaufbruch an. „Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken“ formuliert ein barocker Liederdichter im 18. Jahrhundert. Ja, wirklich, dazu brauchen wir Stärke. Zum Hingucken, zum Hindenken, zum Mitleid(en). Es sind furchtbare Bilder, die sich in unseren Fernsehern und auf den Seiten der Zeitungen aufbauen. So viel Leid in dieser Welt! Es braucht wahrlich Stärke, das Leid der anderen an sich heranzulassen. Wenn die Leidenden nicht mehr auf unsere Anteilnahme hoffen können, dann ist das die Bankrotterklärung an unsere Welt. Dann wird sich nichts ändern und zum Besseren wenden. Nur wenn wir hinschauen, draufschauen, anklagen, wird die Liebe ihre Kraft entfachen können. Gebe Gott unseren Politikern den Willen, den Frieden einzufordern zugunsten des Lebens!
Im aufkommenden Frühling habe ich in diesem Jahr oft auf Friedhöfen zu tun. Als wollte mancher nicht noch einmal zu einer neuen Jahreszeitenrunde aufbrechen, und schleicht sich schnell noch davon. Vielleicht haben Sie jemanden im Bekannten- oder Verwandtenkreis, der sich zum Gehen anschickt oder diese Erde gerade verlassen hat?
Schieben Sie das Pflegebett Ihrer Anvertrauten ans Fenster, dass sie noch einmal einen Blick werfen können auf den blauen Himmel, auf die höherwandernde Sonne, auf die Zweige, deren Knospen schon anschwellen, auf den Rotmilan, der schon seine Runden zieht. Da kommen sie, unsere Zugvögel, und werden uns wieder die schönsten Lieder singen. Ich hab ihn schon gehört, meinen Berufsgenossen, den Dompfaff! War das ein Glück!
Ich wünsche Ihnen offene Sinne für alles Kommende in Gottes guter Welt, in der es immer wieder Abschied und Neuanfang heißt. Für die Lebenden wie für die Sterbenden! Und ich wünsche Ihnen Stärke, das Leid der Kreatur zu bedenken.
Ihre Pastorin Schlenker aus Grüneberg