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Verzichten, um zu gewinnen
Andacht von Christoph Poldrack Pfarrer in Leegebruch und Velten-Marwitz
Fasten hat Konjunktur in unserer Gesellschaft! Es gibt fast keine Zeitschrift oder Zeitung, die nicht regelmäßig Tipps zur richtigen Diät, zum sinnvollen Umgang mit dem Fasten gibt. Entschlacken, gesund leben, den eigenen Körper bewusster wahrnehmen, das sind die wichtigsten Motive des Fastens in heutiger Zeit.
In früheren Jahrhunderten dienten die im Kirchenjahr verbindlich festgelegten Fastenzeiten vorrangig dem Zweck, sich innerlich auf große Höhepunkte vorzubereiten. Die Adventszeit galt der geistlich-mentalen Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, die siebenwöchige Passionszeit, die mit Aschermittwoch beginnt, diente der Besinnung auf das Leiden und Sterben Jesu Christi und zugleich der Einstimmung auf Ostern. Mit großen Festen schlossen die jeweiligen Fastenzeiten. Durch den Wechsel von Zeiten des Verzichts und der Fülle wurde – positiver Nebeneffekt – zugleich das Jahr strukturiert.
Die religiöse Motivation hat das Fasten für die meisten Menschen verloren. Dafür wurde eine Seite des Fastens neu entdeckt, die bei von oben verordneten Fastenzeiten leicht in den Hintergrund treten konnte: Das bewusste, selbst gewählte Verzichten auf einen gewohnten Genuss, auf eine lieb gewordene Angewohnheit oder eine scheinbar unvermeidliche Verbindlichkeit kann dem Leben auch tieferen Sinn vermitteln, neue Facetten entdecken lassen. Wenn ich beispielsweise entscheide, für einige Wochen ganz gezielt auf facebook oder Whats App zu verzichten, wird das sicher zunächst ziemlich viel Überwindung kosten. Aber dann kann ich auch feststellen, dass ich plötzlich mehr Zeit für mich, für meine Hobbies, für Gespräche mit anderen habe, wenn ich nicht permanent online sein muss.
Gezielt verzichten bedeutet deshalb auch Gewinn. Der kann in frei werdender Zeit bestehen wie auch im Entdecken neuer Möglichkeiten, im erstaunten Wahrnehmen von Dingen, an denen ich sonst achtlos vorübergegangen bin. Gewinn kann auch eine Verbesserung meines Sozialverhaltens sein. Es kommt einfach darauf an, was ich mir vornehme.
Wie wäre es mit „Sieben Wochen ohne faule Ausreden“? – Wie oft schädigen wir unser Zusammenleben, unser familiäres, kollegiales oder nachbarschaftliches Miteinander, weil wir auf Anfragen mit fragwürdigen Ausreden reagieren, weil wir uns um eine klare Stellungnahme mit butterweichem Drumherum-Reden drücken, weil wir, statt in unserer Position erkennbar zu werden, uns hinter Allgemeinplätzen verstecken, die kein Problem lösen. Auf das Herumeiern verzichten bringt einen Gewinn für jeden, mit dem ich es zu tun bekomme. Verzichten auf faule Ausreden kann mir selbst nützen, wie auch allen in meiner Umgebung, ja der ganzen Gesellschaft. Vielleicht verhilft mir ein solcher einmal gemachter Gewinn ja sogar zu der Entscheidung, darauf künftig nicht mehr verzichten zu wollen.
Das wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser!
Christoph Poldrack
Pfarrer in Leegebruch und Velten-Marwitz
In früheren Jahrhunderten dienten die im Kirchenjahr verbindlich festgelegten Fastenzeiten vorrangig dem Zweck, sich innerlich auf große Höhepunkte vorzubereiten. Die Adventszeit galt der geistlich-mentalen Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, die siebenwöchige Passionszeit, die mit Aschermittwoch beginnt, diente der Besinnung auf das Leiden und Sterben Jesu Christi und zugleich der Einstimmung auf Ostern. Mit großen Festen schlossen die jeweiligen Fastenzeiten. Durch den Wechsel von Zeiten des Verzichts und der Fülle wurde – positiver Nebeneffekt – zugleich das Jahr strukturiert.
Die religiöse Motivation hat das Fasten für die meisten Menschen verloren. Dafür wurde eine Seite des Fastens neu entdeckt, die bei von oben verordneten Fastenzeiten leicht in den Hintergrund treten konnte: Das bewusste, selbst gewählte Verzichten auf einen gewohnten Genuss, auf eine lieb gewordene Angewohnheit oder eine scheinbar unvermeidliche Verbindlichkeit kann dem Leben auch tieferen Sinn vermitteln, neue Facetten entdecken lassen. Wenn ich beispielsweise entscheide, für einige Wochen ganz gezielt auf facebook oder Whats App zu verzichten, wird das sicher zunächst ziemlich viel Überwindung kosten. Aber dann kann ich auch feststellen, dass ich plötzlich mehr Zeit für mich, für meine Hobbies, für Gespräche mit anderen habe, wenn ich nicht permanent online sein muss.
Gezielt verzichten bedeutet deshalb auch Gewinn. Der kann in frei werdender Zeit bestehen wie auch im Entdecken neuer Möglichkeiten, im erstaunten Wahrnehmen von Dingen, an denen ich sonst achtlos vorübergegangen bin. Gewinn kann auch eine Verbesserung meines Sozialverhaltens sein. Es kommt einfach darauf an, was ich mir vornehme.
Wie wäre es mit „Sieben Wochen ohne faule Ausreden“? – Wie oft schädigen wir unser Zusammenleben, unser familiäres, kollegiales oder nachbarschaftliches Miteinander, weil wir auf Anfragen mit fragwürdigen Ausreden reagieren, weil wir uns um eine klare Stellungnahme mit butterweichem Drumherum-Reden drücken, weil wir, statt in unserer Position erkennbar zu werden, uns hinter Allgemeinplätzen verstecken, die kein Problem lösen. Auf das Herumeiern verzichten bringt einen Gewinn für jeden, mit dem ich es zu tun bekomme. Verzichten auf faule Ausreden kann mir selbst nützen, wie auch allen in meiner Umgebung, ja der ganzen Gesellschaft. Vielleicht verhilft mir ein solcher einmal gemachter Gewinn ja sogar zu der Entscheidung, darauf künftig nicht mehr verzichten zu wollen.
Das wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser!
Christoph Poldrack
Pfarrer in Leegebruch und Velten-Marwitz