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Urlaub - Gottes soziale Errungenschaft
Andacht von Christoph Poldrack, Pfr. in Leegebruch und Velten-Marwitz
Jeder dritte Arbeitnehmer verzichtet freiwillig auf Urlaubstage, besonders häufig Beschäftigte im Bau- und Reinigungsgewerbe – so hörte ich dieser Tage im Radio. Es sind meist Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten und überdurchschnittlich viele aus schlecht bezahlten Jobs. Mich machte diese Nachricht sehr nachdenklich.
Die Schulkinder sagen in dieser Woche: „Endlich Ferien!“ – und ich höre dabei die Erleichterung, jetzt sechs Wochen zu haben, die nicht vom Schulstress bestimmt sind. „Endlich Urlaub!“ werden vermutlich in den kommenden Wochen viele Erwachsene sagen, wenn die lange erwarteten Wochen, die man als die schönste Jahreszeit bezeichnet, endlich da sind – Urlaub, Erholung, Ausspannen.
Ein einklagbarer Jahresurlaub wurde für die meisten Menschen erst durch lange gewerkschaftliche Kämpfe Ende des 19. oder im 20. Jahrhundert Wirklichkeit. In den 70er und 80er Jahren wurde er zunehmend verlängert, heute schon wieder ist er nicht mehr selbstverständlich. Urlaub und die regelmäßige Unterbrechung der Arbeitswoche sind eine soziale Errungenschaft des jüdischen Volkes seit Jahrtausenden. Die biblische Forderung, den Feiertag zu heiligen – ihn von Arbeit, von Routineverpflichtungen, von anstrengender Schufterei freizuhalten – wird doppelt begründet. Einmal: Gott hat sich, nachdem er sein Schöpfungswerk vollendet und alles toll gefunden hatte, zufrieden zurückgelehnt und einfach Pause gemacht. – Ihr Menschen macht es genauso! Und zweitens wurden die Israeliten daran erinnert, dass ihre Vorfahren Sklavenarbeit in Ägypten leisten mussten; dass sie unmenschlich ausgebeutet wurden und wissen, was es heißt, ohne Pause schuften zu müssen. Daraus wird abgeleitet: Gönnt euch selbst die Pause, die euren Vorfahren früher nicht erlaubt wurde! Gönnt sie auch allen, die in irgendeiner Weise von euch wirtschaftlich abhängig sind! Nur so kann die soziale Gemeinschaft Bestand haben!
Olle Kamellen? – durchaus nicht! Immer mehr Arbeitnehmer erleben, dass ihr Lebensrhythmus von angeblichen Zwängen der Wirtschaft diktiert wird. Immer mehr Kinder sehen ihre Eltern nur sporadisch. Der Erhalt des Arbeitsplatzes zwingt Eltern zum Eingehen auf scheinbar unabweisbare Forderungen der Arbeitgeber, die das Familienleben zur Farce werden lassen. Das Handy wird zum Lasso, mit dem ein Angestellter auch in der Freizeit eingefangen werden kann, damit die Produktion läuft. Die meisten strecken sich – notgedrungen! – nach der Decke.
Was also können wir tun? Ist es unrealistisch dazu zu motivieren, dem Chef zu sagen, dass man in den Sommerwochen unbedingt Jahresurlaub mit den Kindern braucht? Ist es utopisch, sich als Verkäuferin zu weigern, auch noch am Samstagabend oder gar am Sonntag an der Ladenkasse zu sitzen? Ist es egoistisch, wenn Werktätige auch an sich selbst denken? Vielleicht klingt es weltfremd, aber ich bin sicher, unser gesellschaftliches Zusammenleben geht in die Brüche, wenn allein die betriebswirtschaftliche Optimierung das Leben der Mitarbeitenden bestimmt.
Der Beginn der Schulferien kann uns daran erinnern, dass wir alle die Unterbrechung des Arbeitsalltages, den Urlaub brauchen. Gott selbst hat sich, wie die Bibel erzählt, Ruhe gegönnt. Wie viel mehr brauchen wir sie?! Ein Leben, das nur Arbeit ist, ist kein menschenwürdiges Leben, das sich entfalten kann. Menschen, die sich des Lebens freuen, die im Wechsel von Arbeit und Erholung ihre Beziehungen entfalten und sich an dem freuen können, was Gott für sie und was sie sich selbst geschaffen haben - das ist es, was Gott uns allen gönnt. Urlaub ist viel mehr als ein Kostenfaktor im Produktionsprozess, mehr als ein auf dem Altar der Globalisierung zu opferndes Relikt des letzten Jahrhunderts. Nicht nur wegen der eigenen Gesundheit, der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit brauchen wir Menschen die Pausen. Die Entfaltung unseres Menschseins hängt davon ab, dass wir Abstand nehmen von unserer Arbeit.
So wünsche ich Ihnen – egal, ob Gottes Vorbild Ihnen wichtig ist oder nicht –, dass Sie im Sommer einen Urlaub erleben können, der für Sie mehr ist als die Wiederherstellung der Arbeitskraft. Und wenn Sie jetzt nicht wie die Schulkinder frei machen können, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie im Laufe des Jahres Zeit haben für die soziale Errungenschaft, die Gott uns zugedacht hat - Pause machen dürfen.
Christoph Poldrack
Pfr. in Leegebruch und Velten-Marwitz
Die Schulkinder sagen in dieser Woche: „Endlich Ferien!“ – und ich höre dabei die Erleichterung, jetzt sechs Wochen zu haben, die nicht vom Schulstress bestimmt sind. „Endlich Urlaub!“ werden vermutlich in den kommenden Wochen viele Erwachsene sagen, wenn die lange erwarteten Wochen, die man als die schönste Jahreszeit bezeichnet, endlich da sind – Urlaub, Erholung, Ausspannen.
Ein einklagbarer Jahresurlaub wurde für die meisten Menschen erst durch lange gewerkschaftliche Kämpfe Ende des 19. oder im 20. Jahrhundert Wirklichkeit. In den 70er und 80er Jahren wurde er zunehmend verlängert, heute schon wieder ist er nicht mehr selbstverständlich. Urlaub und die regelmäßige Unterbrechung der Arbeitswoche sind eine soziale Errungenschaft des jüdischen Volkes seit Jahrtausenden. Die biblische Forderung, den Feiertag zu heiligen – ihn von Arbeit, von Routineverpflichtungen, von anstrengender Schufterei freizuhalten – wird doppelt begründet. Einmal: Gott hat sich, nachdem er sein Schöpfungswerk vollendet und alles toll gefunden hatte, zufrieden zurückgelehnt und einfach Pause gemacht. – Ihr Menschen macht es genauso! Und zweitens wurden die Israeliten daran erinnert, dass ihre Vorfahren Sklavenarbeit in Ägypten leisten mussten; dass sie unmenschlich ausgebeutet wurden und wissen, was es heißt, ohne Pause schuften zu müssen. Daraus wird abgeleitet: Gönnt euch selbst die Pause, die euren Vorfahren früher nicht erlaubt wurde! Gönnt sie auch allen, die in irgendeiner Weise von euch wirtschaftlich abhängig sind! Nur so kann die soziale Gemeinschaft Bestand haben!
Olle Kamellen? – durchaus nicht! Immer mehr Arbeitnehmer erleben, dass ihr Lebensrhythmus von angeblichen Zwängen der Wirtschaft diktiert wird. Immer mehr Kinder sehen ihre Eltern nur sporadisch. Der Erhalt des Arbeitsplatzes zwingt Eltern zum Eingehen auf scheinbar unabweisbare Forderungen der Arbeitgeber, die das Familienleben zur Farce werden lassen. Das Handy wird zum Lasso, mit dem ein Angestellter auch in der Freizeit eingefangen werden kann, damit die Produktion läuft. Die meisten strecken sich – notgedrungen! – nach der Decke.
Was also können wir tun? Ist es unrealistisch dazu zu motivieren, dem Chef zu sagen, dass man in den Sommerwochen unbedingt Jahresurlaub mit den Kindern braucht? Ist es utopisch, sich als Verkäuferin zu weigern, auch noch am Samstagabend oder gar am Sonntag an der Ladenkasse zu sitzen? Ist es egoistisch, wenn Werktätige auch an sich selbst denken? Vielleicht klingt es weltfremd, aber ich bin sicher, unser gesellschaftliches Zusammenleben geht in die Brüche, wenn allein die betriebswirtschaftliche Optimierung das Leben der Mitarbeitenden bestimmt.
Der Beginn der Schulferien kann uns daran erinnern, dass wir alle die Unterbrechung des Arbeitsalltages, den Urlaub brauchen. Gott selbst hat sich, wie die Bibel erzählt, Ruhe gegönnt. Wie viel mehr brauchen wir sie?! Ein Leben, das nur Arbeit ist, ist kein menschenwürdiges Leben, das sich entfalten kann. Menschen, die sich des Lebens freuen, die im Wechsel von Arbeit und Erholung ihre Beziehungen entfalten und sich an dem freuen können, was Gott für sie und was sie sich selbst geschaffen haben - das ist es, was Gott uns allen gönnt. Urlaub ist viel mehr als ein Kostenfaktor im Produktionsprozess, mehr als ein auf dem Altar der Globalisierung zu opferndes Relikt des letzten Jahrhunderts. Nicht nur wegen der eigenen Gesundheit, der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit brauchen wir Menschen die Pausen. Die Entfaltung unseres Menschseins hängt davon ab, dass wir Abstand nehmen von unserer Arbeit.
So wünsche ich Ihnen – egal, ob Gottes Vorbild Ihnen wichtig ist oder nicht –, dass Sie im Sommer einen Urlaub erleben können, der für Sie mehr ist als die Wiederherstellung der Arbeitskraft. Und wenn Sie jetzt nicht wie die Schulkinder frei machen können, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie im Laufe des Jahres Zeit haben für die soziale Errungenschaft, die Gott uns zugedacht hat - Pause machen dürfen.
Christoph Poldrack
Pfr. in Leegebruch und Velten-Marwitz