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Toleranz fühlt sich gut an

Toleranz fühlt sich gut an

11.07.2021 | 6. Sonntag nach Trinitatis | Gedanken zum Wochenende von Pfarrer Thomas Triebler aus Kremmen

Ich möchte zurückschauen in eine lange vergangene Zeit, um etwas Wichtiges ins Heute zu holen. Der biblische Autor Paulus hat diesen Impuls gegeben. Er war in seinen jüngeren Jahren ein fanatischer Christenhasser. Kraft seines Amtes hatte er die Jesusanhänger verfolgt und vor das hohe Gericht geschleppt. Doch dann traf es ihn wie aus heiterem Himmel. Der Auferstandene Christus begegnete ihm in einer umwerfenden Vision. Dieses Ereignis stellte sein Leben auf den Kopf, er brauchte mehrere Jahre, um wieder Tritt zu fassen. Danach war er ein anderer Mensch. Er wurde ein bekennender Christ.

Seinen Glauben stellte er über alles. Daran gab es für ihn nichts zu rütteln. Denn dieser Glaube war seine Rettung. Und auch für andere Menschen war dieser Glaube Rettung gewesen. Doch dann stellte Paulus nüchtern fest: es gibt Menschen, für die sei dieser Glaube nicht nur eine Anfechtung, sondern sogar eine Gotteslästerung. Der christliche Glaube sei für sie außerhalb ihrer Weltsicht und ihrer Normen. Für wieder andere Leute sei dieser Glaube der reine Unsinn.

Indem sich Paulus in die Denkweise seiner Widersacher hineinversetzte und deren Haltung sogar mit einem gewissen Verständnis beschrieb, war er tolerant. Er teilte sich selbst und seinen Lesern mit, daß es viele Menschen gab, die ganz anderer Meinung waren als er. Er konnte dies in aller Ruhe feststellen, weil seine Grundhaltung die Liebe war.

Ich wünsche mir, wir würden uns in diesem Punkt von Paulus inspirieren lassen. Es ist heute dringend nötig, daß wir uns in Toleranz immer wieder üben und tolerant sind. Allerdings erscheint uns das oft ziemlich schwierig.

Toleranz im Umgang miteinander kann ich mir wünschen, ich kann sie aber kaum von einem anderen einfordern. Zuallererst kann ich selber tolerant sein, etwa bei den aktuellen Themen unseres Alltags. Wenn ich auf die letzten 1 ½ Jahre zurückschaue, dann spüre ich, daß unser Blick manchmal sehr verengt war. Das kann unsere Fähigkeit, Anderes gelten zu lassen, deutlich begrenzen.

Allerdings trifft eben auch zu: Wenn wir Anderes dulden, müssten wir uns auch mit unserer Angst beschäftigen, die das Fremde in uns auslöst. Dazu braucht es unseren Mut, so klein er sich manchmal auch anfühlt. Also bleibt uns, die wir uns Toleranz wünschen – als einen gelebten Wert unseres Miteinanders - erst einmal „nur“, uns tolerant zu verhalten und die Nächstenliebe zu stärken. Auf alle Fälle fühlt sich Toleranz gut an.

Bleiben Sie behütet.
erstellt von Stefan Determann am 09.07.2021, zuletzt bearbeitet am 14.01.2022
veröffentlicht unter: Andachten-2021

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