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Mehr gesellschaftliche Verantwortung
Aus der Gransee-Zeitung/Oranienburger Generalanzeiger von Klaus D. Grote
Oberhavel (MZV) Pfarrer Mathias Wolf aus Menz ist zuständig für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Oberes Havelland der Evangelischen Kirche. Im Interview mit Klaus D. Grote spricht er über das bevorstehende Osterfest und die Zukunft der Kirche.
Pfarrer Wolf, erklären Sie bitte, was die Christen zu Ostern feiern.
Wir feiern die Auferstehung Jesu. Am Karfreitag gedenken wir ja seines Todes. Und Ostern feiern wir, dass der Tod überwunden und nicht das Ende ist. Der Anlass des Festes ist aber nicht nur innerhalb der christlichen Kirche bekannt.
Heutzutage glauben viele Menschen, die Wahrheit im Internet zu finden. Wie vermitteln sie da eine 2 000 Jahre alte Geschichte von der Auferstehung?
Ich denke nicht, dass es schwierig ist, Fragen nach Leid, Tod und Hoffnung zu stellen. Wir haben eine Hoffnung. Und die verkünden wir froh und fröhlich. Im Internet finden sie vieles. Aber man muss alles kritisch bewerten können. Da geistert zum Beispiel immer noch eine erfundene Ostergöttin "Ostara" durchs Netz. Weder historisch noch irgendwie archäologisch ist die belegt, aber die Deutschnationalen haben daraus einen Kult gemacht und behaupten, die Christen hätten Ostern nur erfunden, um die Germanen zu ärgern. Ich bitte Sie: Die Menschen in Jerusalem, die das Passahfest feierten, vor dem Jesus ja hingerichtet wurde, hätten doch nicht wegen einer germanischen Frühlingsgöttin, selbst wenn es die gegeben hätte, ein "Konkurrenzfest" erfunden. Aber im Internet lebt Ostara fröhlich weiter.
Und die Frage nach der Auferstehung kann die Zeit überdauern?
Die Frage stellt sich der Mensch nicht erst heute und auch nicht erst seit 100 Jahren. Unsere Hoffnung hilft mir, fröhlich zu leben.
Ist Ostern für die christlichen Kirchen das wichtigste Fest?
Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte bei den Konfessionen. Auch der Karfreitag ist wichtig. Da stirbt jemand stellvertretend für unsere Sünden - und ermöglicht uns damit Freiheit. Damit heute umzugehen, fällt natürlich schwer. Wer redet denn noch von Sünde?
Freuen Sie sich auf Ostern?
Ja, sehr.
Ostern bedeutet viel Arbeit für Pfarrer.
Ja, aber das ist was Schönes. Zuerst die stille Zeit zu Karfreitag, wenn wir den Altar abräumen und die Kerzen löschen. Dann die Nacht vor Ostern, wenn wir wach bleiben und um 6 Uhr zur Feier in der Kirche zusammenkommen. Danach frühstücken wir und haben viel Spaß zusammen. In diesem Jahr sind 20 Jugendliche bei uns im Pfarramt zu Gast - von Donnerstag bis Ostermontag. Unsere Söhne haben das organisiert. Sie sind oft zu den Jugendtreffen in Taizé gefahren und haben dort Kontakte geknüpft. Im Pfarrhaus werden alle Räume belegt sein. Das wird sicher etwas anstrengend, aber ganz bestimmt auch schön. Man lernt bei so etwas ja auch, sich zurückzunehmen.
Wie wird die Osternacht gefeiert?
Wir bleiben wach, alle zwei bis drei Stunden gibt es eine Andacht. Dazwischen verbringen wir die Zeit gemeinsam in Stille, denken nach, träumen. Ein Feuer wird brennen. Wenn man dann Ostersonntag früh um 6 Uhr aus der Dunkelheit das Licht sieht, ist das auch ein Stück Glückserfahrung. Und ich freue mich auf das erste Bier nach sieben Wochen.
Sie haben gefastet?
Ich verzichte seit Aschermittwoch bis Ostersonntag auf Alkohol. Das ist aber weniger religiös begründet. Man freut sich durch den Verzicht wieder auf etwas Besonderes und weiß, von welchen Gewohnheiten man abhängig ist.
Was passiert am Ostermorgen um 6 Uhr in der Kirche?
Wir entzünden das erste Licht, dann die Kerzen der Besucher, sodass es langsam heller wird. Wir feiern eine kurze Andacht, das heißt, keine Predigt, kurze Texte und viel Musik. Der zentrale Festgottesdienst unserer Gemeinde um 10 Uhr mit Posaunenchor und Predigt findet in diesem Jahr in der Kirche in Dollgow statt.
Wie viele Menschen besuchen denn den Ostergottesdienst?
Meistens sind es etwa 40 bis 50 Besucher. Und zur Ostermorgenfeier waren im vergangenen Jahr 56 Besucher, mit denen wir anschließend gefrühstückt haben.
Wie begeistern Sie heute junge Menschen für die Kirche?
Zur Zeit haben wir wieder etwas mehr Zulauf zur Jugendarbeit in den Stadtgemeinden. Aber auf den Dörfern mangelt es an Nachwuchs. In der Elterngeneration fehlen die Menschen, die in den vergangenen Jahren abgewandert sind.
Wie viele Konfirmanden haben Sie in diesem Jahr?
In Menz haben wir nur einen Konfirmanden. 2016 sind es drei oder vier. Wir haben zusammen mit Gransee und Gutengermendorf eine gute und anspruchsvolle Jugendarbeit. Ich erlebe die jungen Menschen als ausgesprochen interessiert und engagiert. Natürlich spielen das Elternhaus und die Tradition eine wichtige Rolle. Wer sich aber für die Konfirmation entscheidet, tut das sehr bewusst.
Viele Gemeinden wurden in den vergangenen Jahren zusammengelegt. Manches Kirchengebäude kann nicht mehr unterhalten werden.
Ja, die Gemeinden schrumpfen und wir haben eine Überalterung. 2014 aber mussten wir in Menz zum ersten Mal seit vielen Jahren keinen Verlust bei der Mitgliederzahl verbuchen. Dennoch werden die Zahlen weiter zurückgehen. Das hat auch mit dem Mythos Kirchensteuer zu tun. Sie beträgt nicht neun Prozent vom Einkommen, sondern von der Lohnsteuer. Die Verwirrung um den Kirchensteueranteil an der Zinsabgleichsteuer war ebenfalls für viele missverständlich. Das hat nach der Ankündigung des automatischen Abzugs zu zahlreichen Austritten geführt. Ja, manches Kirchengebäude kann nicht mehr unterhalten werden, schlimmer ist aber noch, dass viele Stellen gestrichen werden mussten.
Wohin entwickelt sich die Kirche auf dem Land in der Zukunft?
Für die Zukunft der Kirche wünsche ich mir eine enge Gemeinschaft, ein Sich-Verlassen-Können und ein Miteinander. Dafür werden wir auch viel Ehrenamt brauchen. Ich wünsche mir, dass das Ganze fröhlich passiert. Wir sind ja gesegnet oder verflucht mit einer Kirche in jedem Dorf. Die meisten bekommen wir unter Denkmalschutz gestellt, aber nur 20 Prozent der Bevölkerung fühlen sich auch zuständig für diese Gebäude. Da wünsche ich mir mehr gesellschaftliche Verantwortung. Für jede offene Kirche müssen sich auch Menschen finden, die sauber machen, Blumen aufstellen und so weiter. Dafür sollten sich Ehrenamtler finden. Diese Verantwortung für die Kirche im Dorf muss ja nicht unbedingt etwas mit Glauben zu tun haben.
Wie können nicht mehr benötigte Kirchenbauten anders genutzt werden?
Was die Nutzung angeht, sehe ich uns als sehr offen, da gibt es kulturelle und touristische Möglichkeiten: Konzerte, Ausstellungen, Lesungen. Eine Jugendweihe, bei der Religion als überwunden und Gläubige als ein wenig "zurückgeblieben" dargestellt werden, möchte ich in einer Kirche aber nicht erleben.
Es gibt auch als Sparkasse genutzte Kirchen.
Banken sind ja die neuen Tempel, mit Marmor, Säulen und Prunk. Der Diskretionsabstand am Schalter erinnert an den Beichtstuhl. Nein, das gefällt mir nicht, wenn Kirchen so genutzt werden.
Wird sich die Evangelische Kirche anderen Kirchen und Religionen öffnen?
Das tut sie doch schon längst! Es gibt seit dem 19. Jahrhundert die ökumenische Bewegung, seit 1948 den ökumenischen Rat der Kirchen, eine Anerkennung der Taufe, gemeinsame Bekenntnisse, Abendmahlsgemeinschaften mit vielen Kirchen, ökumenische Trauungen und vieles mehr. Es gibt seit Jahrzehnten den jüdisch-christlichen Dialog, auch christlich-islamische Gespräche und Gespräche mit anderen Religionen. In Berlin entsteht das "House of One", das Christentum, Judentum und Islam unter einem Dach vereint. Das ist doch ein gutes Zeichen.
Pfarrer Wolf, erklären Sie bitte, was die Christen zu Ostern feiern.
Wir feiern die Auferstehung Jesu. Am Karfreitag gedenken wir ja seines Todes. Und Ostern feiern wir, dass der Tod überwunden und nicht das Ende ist. Der Anlass des Festes ist aber nicht nur innerhalb der christlichen Kirche bekannt.
Heutzutage glauben viele Menschen, die Wahrheit im Internet zu finden. Wie vermitteln sie da eine 2 000 Jahre alte Geschichte von der Auferstehung?
Ich denke nicht, dass es schwierig ist, Fragen nach Leid, Tod und Hoffnung zu stellen. Wir haben eine Hoffnung. Und die verkünden wir froh und fröhlich. Im Internet finden sie vieles. Aber man muss alles kritisch bewerten können. Da geistert zum Beispiel immer noch eine erfundene Ostergöttin "Ostara" durchs Netz. Weder historisch noch irgendwie archäologisch ist die belegt, aber die Deutschnationalen haben daraus einen Kult gemacht und behaupten, die Christen hätten Ostern nur erfunden, um die Germanen zu ärgern. Ich bitte Sie: Die Menschen in Jerusalem, die das Passahfest feierten, vor dem Jesus ja hingerichtet wurde, hätten doch nicht wegen einer germanischen Frühlingsgöttin, selbst wenn es die gegeben hätte, ein "Konkurrenzfest" erfunden. Aber im Internet lebt Ostara fröhlich weiter.
Und die Frage nach der Auferstehung kann die Zeit überdauern?
Die Frage stellt sich der Mensch nicht erst heute und auch nicht erst seit 100 Jahren. Unsere Hoffnung hilft mir, fröhlich zu leben.
Ist Ostern für die christlichen Kirchen das wichtigste Fest?
Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte bei den Konfessionen. Auch der Karfreitag ist wichtig. Da stirbt jemand stellvertretend für unsere Sünden - und ermöglicht uns damit Freiheit. Damit heute umzugehen, fällt natürlich schwer. Wer redet denn noch von Sünde?
Freuen Sie sich auf Ostern?
Ja, sehr.
Ostern bedeutet viel Arbeit für Pfarrer.
Ja, aber das ist was Schönes. Zuerst die stille Zeit zu Karfreitag, wenn wir den Altar abräumen und die Kerzen löschen. Dann die Nacht vor Ostern, wenn wir wach bleiben und um 6 Uhr zur Feier in der Kirche zusammenkommen. Danach frühstücken wir und haben viel Spaß zusammen. In diesem Jahr sind 20 Jugendliche bei uns im Pfarramt zu Gast - von Donnerstag bis Ostermontag. Unsere Söhne haben das organisiert. Sie sind oft zu den Jugendtreffen in Taizé gefahren und haben dort Kontakte geknüpft. Im Pfarrhaus werden alle Räume belegt sein. Das wird sicher etwas anstrengend, aber ganz bestimmt auch schön. Man lernt bei so etwas ja auch, sich zurückzunehmen.
Wie wird die Osternacht gefeiert?
Wir bleiben wach, alle zwei bis drei Stunden gibt es eine Andacht. Dazwischen verbringen wir die Zeit gemeinsam in Stille, denken nach, träumen. Ein Feuer wird brennen. Wenn man dann Ostersonntag früh um 6 Uhr aus der Dunkelheit das Licht sieht, ist das auch ein Stück Glückserfahrung. Und ich freue mich auf das erste Bier nach sieben Wochen.
Sie haben gefastet?
Ich verzichte seit Aschermittwoch bis Ostersonntag auf Alkohol. Das ist aber weniger religiös begründet. Man freut sich durch den Verzicht wieder auf etwas Besonderes und weiß, von welchen Gewohnheiten man abhängig ist.
Was passiert am Ostermorgen um 6 Uhr in der Kirche?
Wir entzünden das erste Licht, dann die Kerzen der Besucher, sodass es langsam heller wird. Wir feiern eine kurze Andacht, das heißt, keine Predigt, kurze Texte und viel Musik. Der zentrale Festgottesdienst unserer Gemeinde um 10 Uhr mit Posaunenchor und Predigt findet in diesem Jahr in der Kirche in Dollgow statt.
Wie viele Menschen besuchen denn den Ostergottesdienst?
Meistens sind es etwa 40 bis 50 Besucher. Und zur Ostermorgenfeier waren im vergangenen Jahr 56 Besucher, mit denen wir anschließend gefrühstückt haben.
Wie begeistern Sie heute junge Menschen für die Kirche?
Zur Zeit haben wir wieder etwas mehr Zulauf zur Jugendarbeit in den Stadtgemeinden. Aber auf den Dörfern mangelt es an Nachwuchs. In der Elterngeneration fehlen die Menschen, die in den vergangenen Jahren abgewandert sind.
Wie viele Konfirmanden haben Sie in diesem Jahr?
In Menz haben wir nur einen Konfirmanden. 2016 sind es drei oder vier. Wir haben zusammen mit Gransee und Gutengermendorf eine gute und anspruchsvolle Jugendarbeit. Ich erlebe die jungen Menschen als ausgesprochen interessiert und engagiert. Natürlich spielen das Elternhaus und die Tradition eine wichtige Rolle. Wer sich aber für die Konfirmation entscheidet, tut das sehr bewusst.
Viele Gemeinden wurden in den vergangenen Jahren zusammengelegt. Manches Kirchengebäude kann nicht mehr unterhalten werden.
Ja, die Gemeinden schrumpfen und wir haben eine Überalterung. 2014 aber mussten wir in Menz zum ersten Mal seit vielen Jahren keinen Verlust bei der Mitgliederzahl verbuchen. Dennoch werden die Zahlen weiter zurückgehen. Das hat auch mit dem Mythos Kirchensteuer zu tun. Sie beträgt nicht neun Prozent vom Einkommen, sondern von der Lohnsteuer. Die Verwirrung um den Kirchensteueranteil an der Zinsabgleichsteuer war ebenfalls für viele missverständlich. Das hat nach der Ankündigung des automatischen Abzugs zu zahlreichen Austritten geführt. Ja, manches Kirchengebäude kann nicht mehr unterhalten werden, schlimmer ist aber noch, dass viele Stellen gestrichen werden mussten.
Wohin entwickelt sich die Kirche auf dem Land in der Zukunft?
Für die Zukunft der Kirche wünsche ich mir eine enge Gemeinschaft, ein Sich-Verlassen-Können und ein Miteinander. Dafür werden wir auch viel Ehrenamt brauchen. Ich wünsche mir, dass das Ganze fröhlich passiert. Wir sind ja gesegnet oder verflucht mit einer Kirche in jedem Dorf. Die meisten bekommen wir unter Denkmalschutz gestellt, aber nur 20 Prozent der Bevölkerung fühlen sich auch zuständig für diese Gebäude. Da wünsche ich mir mehr gesellschaftliche Verantwortung. Für jede offene Kirche müssen sich auch Menschen finden, die sauber machen, Blumen aufstellen und so weiter. Dafür sollten sich Ehrenamtler finden. Diese Verantwortung für die Kirche im Dorf muss ja nicht unbedingt etwas mit Glauben zu tun haben.
Wie können nicht mehr benötigte Kirchenbauten anders genutzt werden?
Was die Nutzung angeht, sehe ich uns als sehr offen, da gibt es kulturelle und touristische Möglichkeiten: Konzerte, Ausstellungen, Lesungen. Eine Jugendweihe, bei der Religion als überwunden und Gläubige als ein wenig "zurückgeblieben" dargestellt werden, möchte ich in einer Kirche aber nicht erleben.
Es gibt auch als Sparkasse genutzte Kirchen.
Banken sind ja die neuen Tempel, mit Marmor, Säulen und Prunk. Der Diskretionsabstand am Schalter erinnert an den Beichtstuhl. Nein, das gefällt mir nicht, wenn Kirchen so genutzt werden.
Wird sich die Evangelische Kirche anderen Kirchen und Religionen öffnen?
Das tut sie doch schon längst! Es gibt seit dem 19. Jahrhundert die ökumenische Bewegung, seit 1948 den ökumenischen Rat der Kirchen, eine Anerkennung der Taufe, gemeinsame Bekenntnisse, Abendmahlsgemeinschaften mit vielen Kirchen, ökumenische Trauungen und vieles mehr. Es gibt seit Jahrzehnten den jüdisch-christlichen Dialog, auch christlich-islamische Gespräche und Gespräche mit anderen Religionen. In Berlin entsteht das "House of One", das Christentum, Judentum und Islam unter einem Dach vereint. Das ist doch ein gutes Zeichen.